Der Fall der Mauer und die Folgen für die Region
Am Abend des 9. November 1989 verkündete Günter Schabowski, Mitglied im Politbüro der DDR, dass DDR-Bürgern die Ausreise nach West-Berlin und in die Bundesrepublik ab sofort gestattet sei. Bereits am nächsten Tag rollte eine PKW-Lawine aus der DDR über den Grenzübergang Rottenbach in das Coburger Land.
Innerhalb weniger Tage wurden Straßen, die 45 Jahre unterbrochen waren, wieder befahrbar gemacht. Am 12. November konnte die Verbindung zwischen Neustadt und Sonneberg an der „Gebrannten Brücke“ für Personen und Fahrzeuge geöffnet werden. Im westlichen Winkel des Landkreises erfolgte die Öffnung der Verbindung von Rodach nach Adelhausen am 18. November. Nach und nach wurden auch kleinere Verbindungswege wieder passierbar.
Weichenstellung für die deutsche Einheit
In den kommenden Monaten wurden die Weichen für die deutsche Einheit gestellt. Am 1. Juli 1990 unterzeichneten der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und sein DDR-Kollege Peter Michael Diestel an der „Gebrannten Brücke“ zwischen Neustadt und Sonneberg den Vertrag zur Aufhebung der Personenkontrollen an der innerdeutschen Grenze. Drei Monate später wurde die deutsche Einheit Wirklichkeit. Das Coburger Land lag nun nicht mehr im „toten Winkel“ der Zonengrenze und unsere Region befindet sich seitdem wieder in der Mitte Deutschlands.
Wirtschaftliche Herausforderungen und Förderpolitik
Das Gebiet der ehemaligen DDR wurde von der Bundesregierung zum Höchstfördergebiet erklärt. Dies sollte den wirtschaftlichen Niedergang der neuen Bundesländer bremsen und neue Investitionen erleichtern. Gleichzeitig wurden die Fördermöglichkeiten für unsere Region mit sehr kurzen Übergangsfristen zusammengestrichen.
Das Investitionszulagengesetz lief bereits Ende 1990 aus, und auch die übrigen Hilfen wurden zügig abgebaut. Eine wichtige staatliche Unterstützung für die verkehrsungünstig gelegenen Gebiete des Zonenrandes war die Frachthilfe. Diese wurde „mit einem Paukenschlag“ ohne Vorankündigung und ohne Übergangsfrist zum 1. Januar 1991 abgeschafft. Bis spätestens 1994 liefen dann die Sonderabschreibungen für das Grenzland aus.
Das Coburger Land, eben noch im Genuss der Zonenrandförderung, musste nicht nur den Verlust dieser staatlichen Hilfen verkraften. Es war nun auch auf drei Seiten von neuen Höchstfördergebieten umgeben. Dieses Fördergefälle war ein schwerer Schlag für die heimische Wirtschaft.
Unmittelbar hinter der ehemaligen Grenze entstanden sehr bald ausgedehnte Gewerbegebiete. Etwa in Höhnbach, wo sich ein groß dimensionierter Verbrauchermarkt ansiedelte, der Kaufkraft aus Neustadt abzog. Bei Adelhausen wurde ebenfalls ein Gewerbegebiet direkt an der Landesgrenze ausgewiesen. Hier errichteten einige Rodacher Unternehmer ihre neuen Betriebe, nicht zuletzt auch, weil in Rodach zu diesem Zeitpunkt keine ausreichenden Gewerbeflächen für die Expansion heimischer Betriebe zur Verfügung standen. Auf diese Weise flossen nun auch Gewerbesteuereinnahmen in die Nachbarlandkreise jenseits der ehemaligen Zonengrenze.