Gemütlichkeit made in Coburg
Polstermöbelindustrie
Die holzverarbeitende Industrie, insbesondere die Bearbeitung, Verarbeitung und der Handel mit Holz, dominierte lange Zeit den Raum Coburg. Der Waldreichtum der Gegend begünstigte früh die Entstehung von Sägemühlen, die Materialien für Schreiner, Tischler und Zimmerleute herstellten. Aus diesen handwerklichen Betrieben entwickelten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts die ersten Möbelfabriken.
Ein Beispiel dafür ist die Geschichte der Möbelfabrik Wilhelm Albrecht in Weitramsdorf. 1876 als Schreinerei gegründet, wuchs der kleine Betrieb vor dem Ersten Weltkrieg zu einem Industrieunternehmen, das sich auf die Serienproduktion von Schreibtischen spezialisierte. Diese positive Entwicklung endete abrupt mit dem Kriegsausbruch 1914.
Nach 1918 erholte sich die Möbelindustrie und konnte an die wirtschaftlichen Erfolge der Kaiserzeit anknüpfen. Die Firma Albrecht erweiterte in den 1920er und 1930er Jahren ihre Betriebsfläche erheblich. Unternehmen reagierten auf Exportprobleme, strukturelle und geschmackliche Veränderungen mit innovativen Ideen. Aus der Korbwarenherstellung entwickelte sich nach 1920 die Polstermöbelindustrie. Ein erfundener Patentfedersitz ermöglichte die industrielle Herstellung von Polstersesseln.
Als Pionier gilt Alfred Wagner, der in den 1920er Jahren in Untersiemau die erste Polstermöbelfabrik im Landkreis eröffnete. Dieser Industriezweig setzte sich jedoch nur langsam durch. Nach 1948 erlebte die Polstermöbelherstellung einen enormen Aufschwung. 1951 kamen etwa 25 Prozent aller verkauften Polstermöbel in Deutschland aus dem Coburger Land, mit Umsätzen von 38 Millionen Mark im Bundesgebiet.
Firmen der Coburger Region
Das Wachstum der Polstermöbelindustrie zeigte sich auch in zahlreichen Patenten und Schutzrechten, insbesondere im Bereich der Schlafpolstermöbel. Neue Unternehmen entstanden, wie die 1949 gegründeten Polstermöbelwerke Willi Schillig in Frohnlach. Insgesamt siedelten sich die Polstermöbelhersteller in der Region Ebersdorf b. Coburg/Sonnefeld/Weidhausen und im Steinachtal an. Sie waren strukturell und verfahrenstechnisch mit der Korbindustrie verbunden, was zur Einrichtung spezieller Fertigungslinien für Polstermöbel führte.
In den Wirtschaftswunderjahren entstanden fast 70 Betriebe. Um ihre Interessen besser zu vertreten, gründeten die Unternehmer 1950 den Fachverband der Bayerischen Polstermöbelindustrie. Alle Mitglieder stammten aus der Gegend um Coburg und Kronach. Das Sortiment erweiterte sich von günstigen Liegen und Stühlen zu Möbelgarnituren, die bei den Kunden sehr beliebt waren. Möbeldesign gewann an Bedeutung, und Designer spielten eine wichtige Rolle bei der Entwicklung stilvoller Polstermöbel.
1982 erreichte der Umsatz der Polstermöbelindustrie im Landkreis Coburg über eine Milliarde Mark, was ein Drittel der gesamten Polstermöbelherstellung in der alten Bundesrepublik ausmachte. 1979 arbeiteten in den 78 Polstermöbelbetrieben über 8.300 Personen. Einige Unternehmen erreichten beachtliche Größen, wie die Möbelfirmen Schillig und Albrecht, die zusammen über eine Betriebsfläche von 13,1 Hektar verfügten. In den 1980er Jahren etablierte sich die Branche durch die Produktion von Qualitätsmöbeln zu erschwinglichen Preisen fest auf den Märkten.
Nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ 1989/90 nahm der Import von Billigmöbeln aus Osteuropa zu, was die heimischen Polstermöbelfirmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten brachte. Einige verlagerten die Produktion ins Ausland, andere passten sich den neuen Marktverhältnissen an oder mussten schließen, wie die Möbelfabrik Albrecht 1997 und die Firma Wagner 2001. Eine Trendwende ist in dieser Branche bisher nicht absehbar.